Die Kraft des Embodiment: Wie Körper und Geist einander beeinflussen.

Wir lassen die Schultern hängen, ziehen den Kopf ein, runzeln die Stirn und senken die Mundwinkel – das alles tun wir, wenn wir traurig oder lustlos sind.Umgekehrt heben sich unsere Mundwinkel, wenn wir uns freuen, und wir gehen aufrechter und schwungvoller, wenn wir gut gelaunt sind.

Unsere Stimmung beeinflusst Haltung, Mimik und Gestik und sogar innere Körpersignale: Wenn wir verliebt sind, spüren wir Schmetterlinge im Bauch und bei traurigen Ereignissen schnürt es uns die Kehle zu. Bei Angst atmen wir flacher, Scham lässt uns erröten und wenn wir zornig sind, beschleunigt sich der Herzschlag.

Diese Kopplung von Körper und Geist wird als Embodiment bezeichnet und ist durch neurowissenschaftliche und psychologische Forschungen belegt.

Der Körper ist die Bühne unserer Empfindungen – aber Embodiment wird noch viel spannender, wenn wir die Blickrichtung umdrehen: Die Forschungsergebnisse zeigen, dass diese Abhängigkeiten auch andersherum funktionieren. Eine aufrechte Haltung, Lächeln und freudvoll, halb schnell schlendern hebt die Stimmung deutlich spürbar.

Das Gehirn steuert also nicht nur den Körper, sondern auch andersherum.

Wir alle wissen es eigentlich, denn wir verwenden Sprachbilder wie „Kopf hoch, Brust raus!“ wenn wir jemanden aufmuntern möchten. Doch wir sollten dieses Wissen noch viel bewusster für die Stärkung unserer mentalen Gesundheit und unseres Wohlbefindens einsetzen. Genau hier entsteht eine Schnittstelle zur Resilienz. Denn Resilienz beschäftigt sich mit der Frage „Wie kann ich mich selbst in einen guten Zustand bringen?“, insbesondere in Zeiten von wachsenden Belastungen. Embodiment ist eine mögliche Antwort und damit ein wichtiger Baustein im Resilienztraining.

Der wissenschaftliche Hintergrund

Alles, was wir erleben, speichern wir im Gehirn als „emotionale Erfahrungen“ ab, verknüpft mit körperlichen Reaktionen. Im Lauf unseres Lebens bauen wir so, ein emotionales Erfahrungsgedächtnis auf und unser Körper antwortet auf Emotionen intuitiv, quasi mit Autopilot auf Basis elektrischer und chemischer Impulse.

Diese von Neurowissenschaftlern als somatische Marker bezeichneten Signale können von Person zu Person unterschiedlich sein. Nehmen wir als Beispiel, dass Person A bei Stress den Kiefer verkrampft, während Person B ein Engegefühl in der Brust spürt.

Wenn wir unseren Körper und unsere somatischen Marker gut kennen, können wir eine gewünschte emotionale Reaktion bewusst auslösen oder zumindest anbahnen, indem wir die für uns damit verknüpfte Körperhaltung einnehmen oder unsere Mimik entsprechend verändern (Body-Feedback).

Wir können also beispielsweise Stress selbstwirksam gegensteuern, indem wir die gelernten Muster unseres Erfahrungsgedächtnisses gezielt aktivieren. Der Körper ist eine wertvolle Ressource für mentale Gesundheit und Resilienz, die oft unterschätzt wird.

Wie man gute Laune auf Knopfdruck einschalten kann.

Es ist ganz einfach: Wenn Sie bewusst die Mundwinkel heben. Gerade bei Stress und mentalen Belastungen kommt unser rationales Denken aus dem Tritt und unser emotionales Erfahrungswissen übernimmt das Steuer. Dann gibt es noch die einfachen, aber wirkungsvollen Strategien wie das Embodiment. Es ist vielseitig, wie ein Schweizer Taschenmesser.

Damit können wir durch kleine körperliche Interventionen wieder mehr Souveränität erlangen und unsere Emotionen bewusst regulieren. Das ist eine wichtige Kompetenz, die auch für Führungskräfte von großem Wert ist.

Doch je stärker sich unsere Welt digitalisiert und wir uns von unserem Körper entfremden, umso mehr verkümmern diese Embodiment-Fähigkeiten. Deshalb lohnt es sich, Embodiment als Fähigkeit zu trainieren, beispielsweise im Rahmen von BGM-Programmen (Betriebliches Gesundheitsmanagement), Maßnahmen zur Resilienzstärkung und Leadership-Coachings.

Embodiment ist trainierbar.

Embodiment ist ein faszinierendes Thema, mit dem ich mich seit Jahren sowohl wissenschaftlich als auch in der Praxis intensiv auseinandersetze. Embodiment lässt sich ganz pragmatisch, auch ohne großen theoretischen Unterbau einsetzen und daher möchte ich Ihnen zahlreiche Embodiment-Übungen vorstellen, vom psychologischen Seufzer bis zum Stampfen.

Übungen für den praktischen Einsatz

Es ist ein Irrtum zu glauben, dass man negative Emotionen „abschalten“ kann. Vielmehr geht es beim Embodiment darum, sich selbst und seinen eigenen Körper besser kennenzulernen, um auf diese Weise die Fähigkeit zur Selbstregulierung zu erlangen.

Power Posing:

Power und Energie

Das Einnehmen von High-Power-Haltungen für ca. 2 Minuten ist der absolute Hammer! Denn dadurch fühlen sie sich tatsächlich selbstbewusst und strahlen diese Wirkung auch aus. Power-Posen sind unglaublich wirkungsvoll! Stellen Sie sich vor, sie stehen breitbeinig da, die Arme in die Hüften gestemmt wie ein Superheld.

Oder sie legen die Beine auf den Schreibtisch, verschränken die Hände hinter dem Kopf und fühlen sich wie ein Präsident. Oder sie strecken die Arme hoch in die Luft, wie bei Victory. Diese Körperhaltungen geben ihnen ein unglaubliches Gefühl von Stärke und Selbstbewusstsein. Und sie sind eine großartige Übung, um sich innerlich zu stärken, kurz bevor sie eine wichtige Gehaltsverhandlung oder ein Vorstellungsgespräch haben.

Physiologisches Seufzen:

Seufzen

Wussten Sie schon, dass Studien den Zusammenhang zwischen den Neuronen, die die Atmung kontrollieren, und dem Gehirnareal, das für Angst- und Stresszustände verantwortlich ist, belegen? Eine Veränderung der Atmung kann deshalb zur aktiven Stressregulation eingesetzt werden.

Probieren Sie es doch mal vor einem wichtigen Meeting mit dem „physiologischen Seufzen“ aus: Ein normaler Atemzug, gefolgt von einem zweiten, tieferen Atemzug, anschließend lang und tief ausatmen. Jetzt kommt der spannende Teil! Machen Sie eine kurze Pause und wiederholen das zwei oder dreimal.

Stampfen:

Pfützen stampfen wie die Kinder

Stellen Sie sich breitbeinig hin und stampfen Sie abwechselnd mit dem rechten und dem linken Bein, zuerst nur auf der Stelle, dann auch vorwärts. Die dynamischen, kraftvollen Beinbewegungen wirken durch neuronale Verschaltungen erdend und helfen Ihnen, sich präsent, stabil und tatkräftig zu fühlen.

STOPP-Wegschieben:

Stopp

Haben Sie manchmal das Gefühl, bei gewissen Themen automatisch zu reagieren? Dann sagen Sie innerlich „STOPP“ und machen Sie eine entsprechende Geste, um den Prozess bewusst zu unterbrechen.

Hüpfen:

Hüpfen und Springen

Das ist eine großartige Übung, die den Körper aufrichtet, entspannt und ein Gefühl von Leichtigkeit vermittelt. Perfekt, um Energie aufzutanken! Eine weitere tolle Variante ist der Hampelmann, der die Arme einbezieht und etwas mehr Koordination erfordert. Und es ist noch besser, wenn man zu zweit oder zu dritt hüpft!

Die Balance finden:

Balance

Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihre innere Balance in eine äußere Balance umsetzen. Stellen Sie sich aufrecht hin, die Füße hüftbreit auseinander und die Knie leicht gebeugt. Schließen Sie die Augen und nehmen Sie wahr, wie Ihr Körper ganz leicht schwankt, wie große Bäume im Wind und sich allmählich ausbalanciert.

Achten Sie darauf, ganz geradezustehen, indem Sie eventuell das Kinn Richtung Brust bewegen oder den Kopf leicht zurücknehmen. Eine weitere tolle Übung ist das Balancieren auf Gegenständen. Mein Tipp: Bei solchen Übungen am besten den Blick geradeaus nach vorn richten.

Kopf hoch:

Kopf hoch

Sie fühlen sich gerade nicht ganz so stark? Keine Sorge! Mit der richtigen Körperhaltung können Sie Ihre innere Stärke und Ihr Charisma sofort verbessern. Dafür müssen Sie sich nur richtig aufrichten: Stellen Sie sich vor Ihren Schreibtisch und gehen Sie mit einem tiefen Atemzug in die Knie. Strecken Sie Ihren Rücken durch und weiten Sie Ihren Brustkorb. Und dann lächeln Sie! Denn das ist der Schlüssel zu einer positiven Ausstrahlung.

Schütteln:

Sich schütteln wie ein Profi

Wenn Sie sich verkrampft fühlen oder blockiert sind oder etwas schwer auf der Seele liegt, ist das absolut kein Problem. Schütteln Sie doch einfach alles ab, was Ihnen Stress bereitet: Beginnen Sie mit einem Arm, schütteln Sie ihn kräftig aus, dann den anderen, dann abwechselnd die Beine. Fühlen Sie sich jetzt schon lockerer und befreiter? Perfekt, dann können Sie auch noch ein leichtes Kopfschütteln ausprobieren, die Hände und die Schultern ausschütteln und so weiter.

Pfeifen:

Pfeifen, Flöten oder Trillern

Sie glauben nicht, wie entspannt pfeifen macht – selbst wenn man nur ein paar schiefe Töne produziert oder eine ganze Melodie pfeift! Es entspannt zahlreiche Muskeln im Mund und in den Wangen und lockert die Kiefergelenke. Gerade wenn Sie dazu neigen, bei Ärger im wahrsten Sinne des Wortes „die Zähne zusammenzubeißen“, ist das die beste Entspannungsübung überhaupt!

Tanzen:

Tanzen

Mein absoluter Lieblingstipp, ob alleine oder mit anderen. Die rhythmischen Bewegungen senken die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut und sorgen dafür, dass Sie wieder mehr Leichtigkeit und Schwung in Ihr Leben bringen. Außerdem verbessert Tanzen die Körperhaltung und Körperspannung, was Ihnen ein Gefühl von Stärke und Selbstbewusstsein gibt.

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Voller Wertschätzung
Wolfgang Weingarten

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